Heute ist mir noch einmal tief bewusst geworden, wie sehr mich ein alter Schmerz beeinflusst. Es ist der Schmerz darüber, dass Zärtlichkeit, Nähe oder Mitgefühl in meinem Leben oft nur dann möglich waren, wenn jemand – meist unter Alkoholeinfluss – nicht mehr bei sich war. Wenn Menschen sich betäuben müssen, um weich zu werden, entsteht eine verzerrte Form von Verbindung. Dieser Schmerz wiederholt sich gerade in meinem Leben – nicht in derselben Form, aber mit demselben Gefühl. Und ich nehme ihn bewusst wahr.

Es geht heute für mich nicht in erster Linie um Abgrenzung oder darum, meine Bedürfnisse stark zu formulieren. Vielmehr geht es um das Dazwischen. Um diesen Raum zwischen dem Alten und dem Neuen, der so schwer greifbar ist, weil er formlos ist. In diesem Raum entsteht etwas – nicht durch Kampf, nicht durch Kontrolle, sondern durch das bewusste Wahrnehmen, das ehrliche Mitteilen.

Ich habe heute gespürt, dass dieser Prozess nicht im Kopf beginnt, sondern im Körper. In meinem Fall im Beckenboden – dort, wo das Leben gehalten wird. Von dort stieg die Energie auf, durch meinen Solarplexus bis ins Herz. Und da wurde es klar: Wandel beginnt im Mitgefühl, in der radikalen Ehrlichkeit mit dem, was gerade ist – ohne Schuldzuweisung, ohne Drama. Einfach nur: Das fühle ich gerade. Das bin ich jetzt.

Wir stehen kollektiv an einem Übergang. Und in dieser Übergangszeit – zwischen dem Alten, das uns geprägt hat, und dem Neuen, das wir noch nicht kennen – verlieren wir leicht die Orientierung. Wir rutschen immer wieder in Muster, in Extreme, in Schwarz oder Weiß. Doch genau hier liegt die Einladung: Den Zwischenraum bewusst zu halten. Immer wieder.

Denn aus diesem Zwischenraum heraus – aus der formlosen Form – entsteht das Neue. Eine neue Art von Beziehung. Eine neue Form des Miteinanders. Eine neue Menschlichkeit, die nicht auf Bewertungen basiert, sondern auf Präsenz, auf Wahrhaftigkeit, auf Herzverbundenheit.

Wir erschaffen diesen Wandel nicht irgendwann. Wir sind dieser Wandel. Jetzt.