Seit ich diese Sonnengrußreise begonnen habe, bewegt sich nicht nur mein Körper – auch innerlich wird so vieles spürbar. Und heute, am 39. Tag, spüre ich einmal mehr, wie sehr unsere inneren Kräfte, unsere Konstitutionen, unser „Körperwetter“ darüber mitbestimmt, wie wir mit Veränderung umgehen.
Ich habe mich in den letzten Jahren immer wieder mit Ayurveda beschäftigt – nicht theoretisch, sondern ganz praktisch: Wie fühlt sich mein Körper an, wenn ich unter Druck gerate? Wie reagiere ich auf Umbrüche, auf Stress, auf Erschöpfung? Und was hilft mir wirklich?
Ich bin eine Pitta-Frau. Feuer durch und durch. Selbst mein Sternzeichen – die Jungfrau – bringt nochmal eine Portion inneres Brennen mit. Ich liebe es, Dinge zu durchdringen, zu klären, zu ordnen. Und ich habe Kraft, viel Kraft. Aber genau diese Energie hat auch eine andere Seite: Wenn das Feuer zu stark wird, verbrennt es mich. Dann denke ich zu viel, will zu viel, spüre zu wenig.
In solchen Phasen fühle ich mich, als würde innerlich ein Buschfeuer lodern. Alles ist zu viel. Mein Schlaf wird unruhig. Ich bin schnell gereizt, rastlos, und mein Körper reagiert mit Hitzewellen, Entzündungen, Gereiztheit – auch emotional. Ich kenne diese Zustände gut. Ich habe gelernt, sie zu erkennen, bevor sie mich auffressen.
Was mir dann hilft? Erdung. Ganz konkret.
Ein Ritual, das ich mir angeeignet habe, ist das nächtliche Einölen. Ich reibe meinen ganzen Körper mit warmem Olivenöl ein – besonders die Füße, den Bauch, die Stirn. Dann ziehe ich einen alten Schlafanzug an, dicke Socken, und lasse das Öl über Nacht einwirken.
Das klingt simpel – ist es auch. Aber die Wirkung ist tief.
Es kühlt mein System, beruhigt die Nerven, holt mich aus dem Denken zurück ins Spüren. Ich nenne es manchmal mein “Feuerlöscher-Ritual”. Danach fühle ich mich nicht mehr ausgelaugt, sondern genährt – wie frisch eingeerdet.
Und das bringt mich zum eigentlichen Kern dieses Tages: Veränderung betrifft nicht jeden Menschen gleich.
Ein Kapha-Mensch zum Beispiel – das sind die Stabilen, die Erdigen – reagiert auf Veränderung oft mit Widerstand. Nicht aus Bockigkeit, sondern weil der Körper und das System langsam sind. Für sie fühlt sich jede Veränderung an, wie wenn du in nassem Lehmboden eine empfindliche Pflanze einpflanzen willst. Es braucht Zeit, Geduld, und sehr viel Zuwendung.
Vata-Menschen – das sind die Luftigen, Beweglichen – erleben Veränderung hingegen ständig. Sie denken viel, sind oft kreativ und schnell begeistert. Aber in zu viel Bewegung verlieren sie die Erdung. Ängste tauchen auf, Schlafprobleme, Nervosität. Veränderung kann bei ihnen ein Gefühl von Kontrollverlust auslösen.
Ich selbst – als Pitta – reagiere auf Veränderung oft mit Aktionismus. Ich will durchziehen, machen, optimieren. Aber wenn ich nicht aufpasse, brenne ich aus, noch bevor ich merke, dass ich müde bin.
Diese Reise hat mir nochmal deutlich gemacht, wie sehr ich lernen darf, mit meiner Konstitution zu leben – nicht dagegen. Und dass auch mein Umfeld mich beeinflusst: Wenn ein luftiger Vata-Mensch um mich ist, bringt das Bewegung. Wenn ich mit einem Kapha-Menschen zu tun habe, erinnert mich das an Langsamkeit – oder fordert mich, wenn ich zu schnell will.
Das Wissen um Vata, Pitta und Kapha ist für mich zu einer Art innerer Landkarte geworden. Nicht als Schublade – sondern als Orientierung, wie ich mir und anderen mit mehr Verständnis begegnen kann.
Ich glaube, das ist der Schlüssel: zu erkennen, wie wir ticken – und uns dann so zu leben, dass es uns guttut.
Körperübung zur Erdung bei Pitta-Überschuss
Diese einfache Übung mache ich oft vor dem Schlafen oder wenn ich das Gefühl habe, dass mein Feuer zu hoch lodert:
• Ich lege mich auf den Rücken, die Beine ausgestreckt, die Arme neben dem Körper.
• Ich lege meine Hände auf den Bauch und atme tief in den Unterbauch.
• Mit jeder Ausatmung stelle ich mir vor, wie Hitze und Anspannung durch die Füße in die Erde abfließen.
• Nach ein paar Minuten rolle ich mich zur Seite und bleibe noch einen Moment liegen – bevor ich langsam aufstehe.
Reflexionsfrage für heute:
Was ist mein vorherrschendes Dosha? Und wie reagiere ich, wenn Veränderung in mein Leben kommt – körperlich, emotional, mental?
Veränderung ist nicht nur im Außen eine Herausforderung – sie trifft auch unser inneres Klima. Und je besser ich mein Klima kenne, desto liebevoller kann ich mich durch die Stürme des Lebens navigieren.