Ich merke, wie schwer mir dieses Gespräch fällt. Es geht um eine Gehaltserhöhung – eigentlich eine sachliche Angelegenheit. Aber für mich fühlt es sich an, als würde ich innerlich gegen eine Wand laufen. Ich habe Nackenschmerzen, Kopfdruck, mein Herz rast. Alles in mir will ausweichen. Und das Krasse ist: Es verwundert mich selbst. Denn in meiner Selbstständigkeit konnte ich mich viel besser behaupten. Nicht immer leicht, nicht immer souverän – aber ich habe meine Preise immer wieder aufs neue kommuniziert, ich bin für meine Arbeit eingestanden. Ich bin immer klarer geworden. Und jetzt, in diesem Angestelltenkontext, merke ich, wie stark alte Muster wieder hochkommen. Als hätte ich auf „Zurück“ gedrückt. Ich falle in ein Verhalten, das ich eigentlich längst überwunden glaubte.

Das ist kein Zeichen von Schwäche. Das ist Klarheit. Und Menschlichkeit.

Vielleicht war das auch Teil der Strategie: in der Selbstständigkeit der Vermeidung ausweichen. Keine direkten Konfrontationen, keine Abhängigkeiten – mehr Freiraum, um mich nicht mit dieser Angst vor Ablehnung auseinandersetzen zu müssen. Aber jetzt ist sie da. Wieder. Ganz nah. Ganz präsent. Und ich weiß gleichzeitig: Die Wertschätzung ist da. Ich weiß, was ich kann. Ich sehe meinen Beitrag. Es ist nicht der Selbstwert, der fehlt – es ist die Angst, dass ein Nein etwas über mich aussagen könnte. Dass ich „zu viel“ bin, wenn ich frage. Dass ich unbequem bin, wenn ich mich zeige.

Ich bin in diesem Zwiespalt zwischen: „Ach, egal, ich brauch das nicht“ und „Doch. Es ist mir wichtig.“

Ich will lernen, damit zu sein. Nicht drüber zu springen. Nicht mich selbst zu überreden. Sondern echt zu bleiben – auch wenn mein Körper sich wehrt. Denn ich spüre: Es ist ein Nervensystem-Ding. Dieser alte Anteil in mir kennt die Erfahrung von Unsicherheit, von Nicht-Gesehen-Werden. Er glaubt, dass es gefährlich ist, etwas zu fordern. Und mein Körper reagiert noch immer so, als stünde etwas Existenzielles auf dem Spiel. Aber heute ist es anders. Ich bin erwachsen. Ich kann das halten. Ich darf mich zeigen. Und deshalb will ich nicht länger hoffen, dass man mich „schon irgendwann sieht“. Ich will lernen, klar zu sagen, was ich brauche. Nicht aggressiv. Nicht angepasst. Sondern ehrlich.

Ich schreibe das, weil ich weiß, dass viele genau an dieser Stelle festhängen: Zwischen dem Wissen um die eigene Stärke – und einem alten Gefühl, das nicht verschwinden will.
Und manchmal ist das genau der Moment, in dem wir verzweifeln: Weil wir denken, wir müssten das doch längst hinter uns gelassen haben. Aber: Unser Nervensystem braucht Zeit. Und Wiederholung. Und Mitgefühl. Und vielleicht ist genau das der Mut: Zu wissen, dass ich längst gewachsen bin – und trotzdem wieder wacklig werde. Dass ich stark bin – auch wenn mein Körper zittert. Dass ich etwas will – auch wenn es mich überwindet, es auszusprechen. Vielleicht ist der nächste Schritt kein lauter. Sondern ein echter. Und das reicht.

Wir müssen das nicht perfekt machen. Aber wir dürfen anfangen.